Merkblatt zu Musterverfahren hinsichtlich von Entschädigungsansprüchen wegen der früheren diskriminierenden Besoldungsbestimmungen
Merkblatt zu Musterverfahren hinsichtlich von Entschädigungsansprüchen wegen der früheren diskriminierenden Besoldungsbestimmungen
Ausgangspunkt war hierbei die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2014 (Az.: 2 C 6.13), in dem für Beamte des Landes Sachsen-Anhalt entschieden wurde, dass diesen aufgrund der früheren diskriminierenden Besoldungsbestimmungen für
den Zeitraum vom 18.08.2006 (Inkrafttreten des AGG) bis zum 31.03.2011 eine Entschädigung in Höhe von höchstens 5.550 EUR (55 Monate x 100 EUR) zugebilligt wurde.
Für den Zeitraum ab dem 01.04.2011 besteht hingegen kein Anspruch mehr, da zu diesem Zeitpunkt das Gesetz zur Neuregelung des Besoldungsrechts des Landes Sachsen-Anhalt vom 08.02.2011 in Kraft trat.
Voraussetzung hierfür war jedoch, dass der Anspruch innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht wurde. Die Frist beginnt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des EuGH
i.S. Hennigs und May am 08.09.2011 und endet mit Ablauf des 08.11.2011.
Die vom dbb geführten Musterverfahren betreffen nur die Fallkonstellation, in denen die Beamten zwar innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG oder davor fristgerecht Widerspruch eingelegt, in dem Widerspruchsschreiben jedoch keinen Zeitraum
angegeben hatten. Insofern besteht Streit, ob damit die Ansprüche rückwirkend oder nur ab Zugang des Widerspruchs bei der Behörde gesichert wurden. Die letztere Auffassung wird vom Finanzministerium vertreten.
Zu dieser Problematik werden nach einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Finanzministerium insgesamt vier Musterverfahren sowohl beim Verwaltungsgericht Halle als auch beim Verwaltungsgericht Magdeburg geführt. Hierbei handelt es sich um die
folgenden Verfahren:
1. VG Magdeburg, 5 A 587/15 MD,
2. VG Halle, 5 A 299/15 HAL,
3. VG Halle 5 A 235/15 HAL,
4. VG Halle 5 A 300/15 HAL.
Erfreulicherweise hat nunmehr das Verwaltungsgericht Halle in dem ersten entschiedenen Musterverfahren (5 A 235/15 HAL) in seiner mündlichen Verhandlung vom 28.07.2016 zu Gunsten der Musterklägerin entschieden. Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 01.10.2009 ohne Angabe eines bestimmten Zeitraums Widerspruch eingelegt, wobei ihr die Bezügestelle auf Grundlage der o. g. Rechtsprechung für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.03.2011 nur einen Anspruch auf Entschädigung i. H. v. 1.600 EUR zahlte. Der Restbetrag wurde im Hinblick auf die fehlende Angabe eines konkreten Zeitpunktes mit der Begründung abgelehnt, dass ein wirksames Begehren erst ab dem Eingang des Widerspruchs vorliegen würde.
Dieser Auffassung des Landes hat sich das Verwaltungsgericht Halle jedoch nicht angeschlossen, sondern der Klage der Beamtin stattgegeben und ihr auch für den zurückliegenden Zeitraum vom 18.08.2006 bis zum 30.09.2009 einen Anspruch auf eine weitere Entschädigung i. H. v. 3.750 EUR zuerkannt. In der mündlichen Begründung verwies das Verwaltungsgericht u.a. auf eine wohlwollende Auslegung des Widerspruchs sowie die Tatsache, dass die Klägerin das Land aufgefordert hat, auf die Verjährung zu verzichten. Es
bleibt nunmehr abzuwarten, ob das Land hiergegen Rechtsmittel einlegen wird. Wir werden Euch über den Verfahrensgang auf dem Laufenden halten.
Darüber hinaus weisen wir darauf hin, dass das Verwaltungsgericht Magdeburg das nächste Musterverfahren auf den 18.08.2016 terminiert hat. Hierbei handelt es sich um das Verfahren 5 A 587/15 MD. Über den Ausgang des Verfahrens werden wir ebenfalls
berichten.
Mit freundlichen Grüßen
Euer Wolfgang Ladebeck